USA drohen Österreich wegen Russland-Geschäft der Raiffeisenbank: „Warnschuss so laut wie noch nie“ (2024)

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Von: Fabian Hartmann

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Bis zuletzt wollte die Raiffeisenbank International (RBI) einen Teil ihrer in Russland eingefrorenen Gelder nach Österreich zurückholen. Doch der Druck der USA wurde zu groß.

New York/Wien – Während viele internationale Banken sich schon länger von ihrem Russland-Geschäft verabschiedet haben, ist die österreichische Raiffeisenbank International (RBI) die größte westliche Bank, die seit Beginn des Ukraine-Kriegs in Russland verblieben ist. Ein eindringlicher Appell des US-Finanzministeriums könnte die in Wien ansässige Bankengruppe nun jedoch zu einem Kurswechsel ihres Engagements in Russland veranlassen. Die Warnung hatte sich angedeutet, schließlich fordern die USA schon länger, dass die RBI ihre Geschäfte in Russland beendet.

Raiffeisen Bank wird von US-Finanzministerium gewarnt

Die RBI wurde vom US-Finanzministerium gewarnt, ihr Zugang zum US-Finanzsystem könnte aufgrund ihrer anhaltenden Präsenz auf dem russischen Markt eingeschränkt werden, wie die Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch (15. Mai) meldete. Demnach hatte die RBI am 6. Mai vom stellvertretenden US-Finanzminister Wally Adeyemo eine schriftliche Warnung hierüber erhalten.

Reuters berief sich auf eine Quelle, die Einsicht in das Schreiben hatte. Konkret wird in ihm Besorgnis von US-Seite über die angebliche Expansion der RBI in Russland und das lange Zeit geplante milliardenschwere Tauschgeschäft mit dem unter Sanktionen stehenden, russischen Oligarchen Oleg Deripaska und dem Baukonzern Strabag geäußert.

„Der Warnschuss aus den USA fiel so laut aus wie noch nie“

Es hätte ein bahnbrechender Deal werden sollen, jedenfalls für eine der größten Banken des Landes, die RBI. Weil ihre Geldmittel in Russland eingefroren sind, wollte die Bankengruppe zumindest einen Teil dieser Gelder, mit einem großangelegten Tauschgeschäft nach Österreich zurückholen. Gegangen wäre es dabei um rund 1,5 Milliarden Euro. Die RBI wollte über ihre russische Tochter 28,5 Millionen Aktien am österreichischen Baukonzern Strabag im Wert von mehr als einer Milliarde Euro erwerben.

Noch im Januar zeigte sich RBI-Vorstandschef Johann Strobl zuversichtlich, das Geschäft bis Ende März abzuschließen. Und nun das: Vorige Woche hat die RBI die komplexe Transaktion abgesagt. Und keine Woche später belegte die US-Sanktionsbehörde Ofac einen russischen Geschäftsmann und drei russische Gesellschaften mit Sanktionen, weil sie in den Deal involviert gewesen sein sollen, meldete der österreichische Standard.

Eine derartige Warnung wie die des US-Finanzministeriums an die RBI hatte man in ihrer Intensität bisher weder in Österreich, noch in Europa je gehört. „Der Warnschuss aus den USA fiel so laut aus wie noch nie“, schrieb etwa die österreichische Zeitung Die Presse. Und er bewegte die RBI-Aktionäre am Mittwoch noch einmal zum Verkauf ihrer Anteile. Denn die seit Beginn des Ukraine-Krieges ohnehin leidgeprüfte Aktie der RBI gab infolge der Drohung von US-Seite noch einmal um mehr als zweieinhalb Prozent nach.

„Die US-Drohungen gegen Raiffeisen muss man als Overkill ansehen“

Schon allein, weil der Großteil des internationalen Finanzsystems in Dollar stattfinde, könne es sich niemand leisten, dort beschränkt oder ausgeschlossen zu werden, erklärte Mario Holzner vom Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW) auf Anfrage der Presse. Im Unterschied zu anderen – auch US-amerikanischen – Unternehmen, die weiterhin in Russland tätig seien, weil viele Handelsaktivitäten ja auch nicht unter Sanktionen stünden, „steht die RBI besonders im Scheinwerferlicht“, so Holzner: Sie sei nämlich die bedeutendste Bank in Russland, die nach dem Beginn des Ukraine-Krieges nicht vom internationalen Finanzkommunikationsnetz SWIFT ausgeschlossen worden sei.

„Die US-Drohungen gegen Raiffeisen muss man als Overkill ansehen“, sagt der österreichische Rechtsanwalt und Sanktionsexperte Gregor Rathkolb auf Anfrage der Presse. „Und man muss es als eindeutiges Zeichen an den Finanzmarkt und all jene sehen, die meinen, mit Russland direkt oder indirekt Geschäfte machen zu können“, fügte Rathkolb hinzu.

USA drohen Österreich wegen Russland-Geschäft der Raiffeisenbank: „Warnschuss so laut wie noch nie“ (1)

Dass die österreichische RBI ihr Tausch-Geschäft am 8. Mai abgesagt habe, werde von Washington unterdessen als „wichtiger Schritt“ gesehen, schreibt Reuters mit Verweis auf seine Quelle. Die Strabag aber sieht sich dadurch in ihrem operativen Geschäft nicht betroffen, wie sie am Mittwoch erklärte.

Nach geplatztem Milliarden-Deal – zieht sich die Raiffeisenbank International aus Russland zurück?

Wie aber geht es für die RBI in Russland weiter? In Anbetracht des zunehmenden Drucks sowohl von US- als auch von EU-Seite, ihre Aktivitäten in Russland zu reduzieren, sagte RBI-Geschäftsführer Johann Strobl Anfang Mai, die Bank plane aktuell seinen Rückzug aus Russland für den Sommer 2024, „um den europäischen Regulierungsbehörden zu entsprechen.“

Nachdem der Deal nicht geklappt hat, scheinen als Optionen entweder der Verkauf der Bank oder eine Abspaltung des Russlandgeschäfts in eine eigene AG zu bleiben. Die Europäische Zentralbank hat unterdessen einen Bescheid erlassen, wonach die RBI ihr Engagement in Russland noch weiter reduzieren muss. Die RBI denkt noch über Rechtsmittel dagegen nach.

Die RBI hatte EU-Parlamentsabgeordnete verärgert, da das Europäische Parlament im April einen Brief an österreichische Beamte über die RBI schickte. Das Europäische Parlament forderte österreichische Beamte auf, Raiffeisen zu zwingen, seine Aktivitäten in Russland in Übereinstimmung mit den EU-Sanktionen einzustellen, nachdem Berichte aufgetaucht waren, dass Raiffeisen plant, seine Aktivitäten in Russland fortzusetzen und zu erweitern. Raiffeisens Aktivitäten „tragen zu Russlands Wirtschaft und Budget bei und stellen finanzielle Ressourcen für die fortgesetzte militärische Aggression gegen die Ukraine bereit“, hieß es in dem Schreiben.

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